Extraktion (extrahieren)
Extraktion ist ein physikalisches oder chemisches Trennverfahren, bei dem mit Hilfe eines geeigneten Lösungsmittels (Extraktionsmittel) eine oder mehrere Komponenten aus einem Stoffgemisch, dem sogenannten Extraktionsgut, ganz oder teilweise herausgelöst werden. Das Ziel ist es, bestimmte Bestandteile selektiv zu gewinnen oder von unerwünschten Stoffen zu trennen.
Der Begriff „Extraktion“ stammt vom lateinischen Wort extrahere ab, was „herausziehen“ oder „entnehmen“ bedeutet. Umgangssprachlich wird Extraktion auch als Auslaugung oder Leaching bezeichnet.
Das Ergebnis der Extraktion nennt man Extrakt (auch Auszug, Aufguss oder Infus). Der Rückstand, also das Material, aus dem die Bestandteile herausgelöst wurden, heisst Raffinatphase.
Grundlagen und Prinzipien der Extraktion
Die Extraktion beruht auf dem physikalischen Prinzip der unterschiedlichen Löslichkeit der Stoffe in einem bestimmten Lösungsmittel. Dabei wird das Extraktionsmittel so gewählt, dass es den gewünschten Stoff möglichst gut löst, während andere Bestandteile unlöslich bleiben oder kaum gelöst werden.
Ein wichtiges Konzept ist der Verteilungskoeffizient: Er beschreibt das Verhältnis der Konzentrationen eines Stoffes in zwei nicht mischbaren Lösungsmitteln im Gleichgewicht. Ein hoher Verteilungskoeffizient bedeutet, dass sich der Stoff bevorzugt in einem Lösungsmittel löst, was die Trennung erleichtert.
Die Extraktion kann rein physikalisch ablaufen, wenn der Stoff nur gelöst wird, oder chemisch, wenn dabei eine Reaktion stattfindet (z. B. Komplexbildung).
Arten der Extraktion
Je nach Aggregatzustand der beteiligten Phasen unterscheidet man verschiedene Extraktionsarten:
- Flüssig-Flüssig-Extraktion: Zwei nicht mischbare Flüssigkeiten (z. B. Wasser und ein organisches Lösungsmittel) werden gemischt, um einen Stoff aus der einen in die andere Phase zu überführen. Beispiel: Trennung von Benzoesäure aus Wasser in ein organisches Lösungsmittel.
- Fest-Flüssig-Extraktion: Ein Feststoff wird mit einem Lösungsmittel behandelt, um darin lösliche Bestandteile herauszulösen. Beispiel: Kaffee- oder Teezubereitung, bei der Wasser die Aromastoffe aus den Pflanzenteilen extrahiert.
- Gas-Flüssig- oder Flüssig-Gas-Extraktion: Gase oder Flüssigkeiten werden eingesetzt, um Stoffe zu extrahieren, z. B. die Extraktion von ätherischen Ölen mit überkritischem CO₂.
Ablauf eines industriellen Extraktionsprozesses
Ein typischer industrieller Extraktionsprozess besteht aus mehreren Schritten:
- Extraktion: Das Lösungsmittel löst die gewünschten Stoffe aus dem Extraktionsgut heraus und bildet eine Extraktstofflösung.
- Abtrennung des Extrakts: Die Extraktstofflösung wird vom Rückstand getrennt. Oft wird der Rückstand mit Hilfe von Zentrifugen oder Filtern entfeuchtet.
- Aufarbeitung des Extrakts: Das Lösungsmittel wird durch Verdampfung oder andere Verfahren abgetrennt, um den reinen Extrakt zu gewinnen.
- Trocknung: Der Extrakt wird getrocknet, falls er in fester Form benötigt wird.
Beispiele für industrielle Extraktionen sind die Gewinnung von Kaffee- oder Teearomen, die Herstellung von Pflanzenölen oder pharmazeutischen Wirkstoffen.
Einflussfaktoren auf die Extraktion
Die Effizienz und Qualität der Extraktion hängen von verschiedenen Faktoren ab:
- Temperatur: Höhere Temperaturen erhöhen meist die Löslichkeit und die Geschwindigkeit der Extraktion.
- Druck: Besonders bei Gas-Flüssig-Extraktionen kann der Druck entscheidend sein.
- Lösungsmittel: Auswahl nach Löslichkeit, Umweltverträglichkeit und Sicherheit.
- Konzentrationsgradient: Je grösser der Unterschied in der Stoffkonzentration zwischen Extraktionsgut und Lösungsmittel, desto effektiver die Extraktion.
- Oberfläche: Fein zerkleinerte Materialien bieten mehr Oberfläche für die Extraktion.
- Kontaktzeit und Bewegung: Längere Kontaktzeiten und gute Durchmischung verbessern die Extraktion.
Anwendungen der Extraktion
Extraktion ist ein grundlegendes Verfahren in vielen Bereichen:
- Lebensmittelindustrie: Gewinnung von Aromen, Farbstoffen, Koffein oder Ölen.
- Pharmazeutische Industrie: Gewinnung von Wirkstoffen aus Pflanzen oder Syntheseprodukten.
- Umwelttechnik: Entfernung von Schadstoffen aus Wasser oder Boden.
- Chemische Industrie: Trennung und Reinigung von Stoffen.
- Laboranalytik: Vorbereitung von Proben zur Analyse.
Beispiel: Tee- und Kaffeezubereitung
Ein einfaches Beispiel für Extraktion ist die Zubereitung von Tee oder Kaffee. Dabei werden die wasserlöslichen Inhaltsstoffe der Pflanzenteile durch heisses Wasser gelöst und gelangen in die Flüssigkeit. Die Extraktion ist hier ein physikalischer Prozess, bei dem Geschmack, Farbe und Wirkstoffe extrahiert werden.
Extraktionsmittel
Als Extraktionsmittel werden verschiedene Stoffe verwendet, je nach Anwendung:
- Wasser: Umweltfreundlich, ungiftig, häufig bei Lebensmitteln und Arzneimitteln.
- Organische Lösungsmittel: Ethanol, Hexan, Dichlormethan, Aceton u.a., je nach Löslichkeit des Zielstoffs.
- Überkritische Fluide: Überkritisches CO₂ wird zunehmend eingesetzt, da es umweltfreundlich ist und schonend extrahiert.
Die Wahl des Extraktionsmittels ist entscheidend für die Effizienz, Sicherheit und Umweltverträglichkeit des Verfahrens.
Zusammenfassung
Eine Extraktion bezeichnet das Herauslösen einer oder mehrerer Inhaltsstoffe aus Pflanzenbestandteilen mit Hilfe eines Lösungsmittels. Die so erhaltenen Extrakte enthalten wichtige Wirk- und Inhaltsstoffe, die unter anderem für die Herstellung von Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika verwendet werden.
Für die Extraktion werden am besten frische Pflanzenbestandteile verwendet. Sie enthalten mehr flüchtige Inhaltsstoffe wie zum Beispiel ätherische Öle als getrocknete Pflanzen. Trockene Pflanzen haben wiederum den Vorteil, dass man saison- und ortsunabhängig Pflanzen extrahieren kann. Wichtig in beiden Fällen ist, dass die Pflanzenbestandteile vor der Extraktion zerkleinert werden. Dadurch vergrössert sich ihre Oberfläche und es lösen sich mehr Inhaltsstoffe heraus.
Bei der Extraktion werden Pflanzenteile mit Lösungsmitteln intensiv durchmischt. Die Inhaltsstoffe lösen sich dadurch aus den pflanzlichen Bestandteilen und gehen in das Lösungsmittel über. Das pflanzliche Material wird anschliessend von dem Lösungsmittel mit einem Trennverfahren abgetrennt. Abschliessend wird das Extraktionsmittel mit den pflanzlichen Inhaltsstoffen so aufbereitet, dass man am Ende die reinen Inhaltsstoffe erhält.
Als Lösungsmittel werden in der Regel Wasser, Alkohol oder organische Lösungsmittel eingesetzt. Welches Lösungsmittel gewählt wird, hängt im Wesentlichen davon ab, wie gut löslich der zu extrahierende Inhaltsstoff in dem jeweiligen Lösungsmittel ist. Fettlösliche Inhaltsstoffe werden mit einem eher öligen und wasserlösliche mit einem wässrigen Lösungsmittel extrahiert. Durch die zusätzliche Anwendung von Druck und Temperatur wird die Löslichkeit der Inhaltsstoffe in dem Lösungsmittel verbessert, so dass die Ausbeute der Extraktion erhöht werden kann.
Die Extraktion als Methode zur Gewinnung von Inhaltsstoffen für Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika hat den Vorteil, dass man konzentrierte Mengen der benötigten Wirkstoffe erhält. Gleichzeitig lassen sich unerwünschte Nebenprodukte, die nicht in dem Lösungsmittel löslich sind, entfernen. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist, dass aus den verderblichen Pflanzenteilen stabile Konzentrate der extrahierten Inhaltsstoffe gewonnen werden können.